25. Mai 2011

BENDA BILILI!
Dokumentation über die Kraft einer kongolesischen Strassenmusikergemeinschaft.

Vision klingt nach einem großen Wort, das tagtäglich vermutlich die Wenigsten für sich formulieren. Träume, Ziele, Hoffnung, Kraft, Liebe, Leidenschaft, Wille, Mut, Hingabe, Beharrlichkeit – so viele Worte gehen mit diesem einen Wort einher.
Wer kennt es nicht den Kopf in den Sand stecken zu wollen, vor allem nach vielen persönlichen Rückschlägen. Das soziale Netz ist dabei der wichtigste Halt, besonders bei existentieller Bedrohung. In sich Reinhorchen und Wiederaufstehen – dass kann man letztendlich jedoch nur allein. Manchmal sind es Geschichten aus dem Umfeld, manchmal aus fernen Kreisen, die uns mittels Filmen, Theater, Literatur, Kunst die nötige Distanz verschaffen, die eigenen Sorgen relativieren zu können und eigene Kraft zu schöpfen.
Eine dieser Geschichten stelle ich im Folgendem vor.
Der Staff Benda Bilili ist in der jetzigen Form eine Musikergemeinschaft aus Polio-Opfern, Kriegsversehrten und Straßenkindern, die mit teilweise selbstgebauten Instrumenten einen Traum verfolgen, den der Sänger und Gitarrist Coco Yakala, tonangebend formuliert hat: „Eines Tages werden wir die berühmtesten Behinderten in ganz Afrika sein!“
So eine Ansage lässt aufhorchen. Der Agenturinhaber Renaud Barret und der Fotojournalist Florent de la Tullaye kehren der Werbewelt den Rücken zu – beide haben „die Nase voll davon“ und gehen nach Kinshasa. Sie drehen ihre erste TV-Dokumentation La Danse de Jupiter – „ein langer Marsch durchs Ghetto mit Musikern“. Damals trefen sie auch zum ersten Mal Staff Benda Bilili und beschlossen schnell, ein Album mit ihnen zu produzieren und sie dabei zu filmen.
2007 fangen die Aufnahmen und Dreharbeiten auf den Straßen von Kinshasa an, die laut der Filmemacher „die darwinistische Welt von Staff Benda Bilili“ ist. Sie arbeiten, schlafen, essen, ziehen ihre Kinder hier auf. Sie bringen Hoffnung über die im Stich gelassenen Kinder, die auf die erwachsenen Männer hochblicken, als wären es ihre eigenen Väter.
Auf der Straße entdecken die Franzosen auch das junge Talent Roger, der virtuos auf seiner aus einer Dose selbstgebauten Satongé spielen kann. Sie stellen Roger dem Staff vor. Konzentriert spielt er einfach drauflos – ein magischer Moment, der filmisch eingefangen wurde – nicht zu beschreiben.
Der Junge wird aufgenommen und die Musikaufnahmen starten. Ein Brand beendet das Vorhaben vorerst, da das Nachtlager komplett vernichtet wird. Jetzt gilt es erst einmal existentiellere Probleme zu lösen. Die Filmemacher leisten finanzielle Hilfe und reisen ab. Jahre später kommen sie zurück, trommeln alle zusammen und die Studioaufnahmen münden schließlich in einer Tournee durch Europa. Ohne die Filmemacher wäre es vielleicht nie soweit gekommen – ohne die Hoffnung des Staffs ebenso nicht:

„Ricky, Coco, Roger und Théo sind wahre ‚Naturgewalten’, die ein Wille so hart wie Stahl geformt hat. Dieser wahnwitzige Wille, es zu schaffen, die Weigerung aufzugeben, sollten es der Gruppe möglich machen, an ihrem Ziel festzuhalten und vereint zu bleiben inmitten eines unbeschreiblichen städtischen Chaos. […] Ihr Kampf, ihre verrückte Hoffnung, ist die eines ganzen Volkes, das mit ihnen auf Kartons schläft[…] Eine vergessene Menschheit, die dennoch von Kraft und Humor erfüllt ist und für welche die Musik von Staff Benda Bilili ein wunderbarer, lindernder Balsam ist. […] Die humpelnde Odyssee von Benda Bilili wirft unsere Vorstellungen von Behinderung und Elend über den Haufen und stellt uns vor die Frage, über welche Stärken wir selber verfügen.“ (Renaud Barret/Florent de la Tullaye)

Der Film läuft momentan in vier Kinos in Berlin z.B. im kant kino, was ich gerne empfehle.
18.00 und 20.00 // kant kino, Berlin

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